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Elberfelder Bibel
Die Klagelieder
Jerusalems Klage über sein Elend, Bekenntnis der Schuld und Bitte um Hilfe und Vergeltung an den Feinden
1 [1]Im Hebr. bestehen die beiden ersten Kapitel aus je 22 dreizeiligen Strophen (mit Ausnahme von Kap.1,7) , deren Anfangsbuchstaben der alphabetischen Reihenfolge entsprechen.Wehe, wie sitzt so einsam da die {einst} volkreiche Stadt! Sie ist einer Witwe gleich geworden, die Große unter den Nationen! Die Fürstin über die Provinzen ist zur Zwangsarbeit erniedrigt[2]w. ist zur Zwangsarbeit geworden!
2 Sie weint und weint des Nachts, und ihre Tränen {laufen} über ihre Wangen. Sie hat keinen Tröster[3]o. keinen, der {ihr} Mut zuspricht unter allen, die sie liebten[4]o. unter all ihren Liebhabern; alle ihre Freunde haben treulos an ihr gehandelt, sind ihr zu Feinden geworden.
3 Gefangen ist Juda weggezogen aus Elend und aus schwerem[5]w. aus zahlreichem Sklavendienst. Es wohnt unter den Nationen, findet keinen Rastplatz. Alle seine Verfolger haben es erreicht – mitten in der Bedrängnis[6]w. zwischen den Bedrängnissen.
4 Die Wege nach Zion trauern, weil niemand zum Fest kommt. All ihre Tore sind menschenleer[7]o. verödet, ihre Priester seufzen, ihre Jungfrauen sind betrübt, und ihr selbst ist bitter weh.
5 Ihre Gegner sind obenauf, ihre Feinde haben Ruhe. Denn der Herr hat sie betrübt wegen der Menge ihrer Verbrechen[8]o. {Treue} brüche. Ihre Kinder sind vor dem Gegner her in Gefangenschaft gezogen.
6 So zog aus der Tochter Zion all ihre Pracht aus. Ihre Obersten sind wie Hirsche geworden, die keine Weide finden, und kraftlos zogen sie dahin vor dem Verfolger.
7 Jerusalem denkt in den Tagen ihres Elends und ihrer Heimatlosigkeit an all ihre Kostbarkeiten, die es {bei ihr} gab seit den Tagen der Vorzeit, {jetzt, } da ihr Volk durch die Hand des Gegners gefallen ist und sie keinen Helfer hat. Die Gegner sehen ihr zu, lachen darüber, dass es mit ihr aus ist[9]w. lachen über ihr Aufhören.
8 Schwer gesündigt hat Jerusalem. Darum ist sie zum Gespött[10]w. zum {Gegenstand des} Kopfschüttelns. – Andere leiten die Bedeutung von einer anderen Wortwurzel ab und üs. »zur Befleckung« o. »zu etwas Abscheulichem«. geworden; alle ihre Verehrer verachten sie, weil sie ihre Blöße gesehen haben. Sie selbst aber seufzt und wendet sich ab.
9 Ihre Unreinheit {klebt} an ihrem Saum[11]w. ihren Säumen; gemeint ist der untere Rand des Gewandes; ihr Ende hat sie nicht bedacht. So ist sie entsetzlich heruntergekommen, ohne dass einer sie tröstet. Sieh an, Herr, mein Elend, denn der Feind tut sich groß!
10 Seine Hand hat der Gegner ausgestreckt nach all ihren Kostbarkeiten. Ja, sie musste mit ansehen, wie Nationen in ihr Heiligtum kamen, denen du geboten hattest, sie sollten dir nicht in die Versammlung kommen!
11 All ihr Volk seufzt auf der Suche nach Brot; sie geben ihre Kostbarkeiten für Nahrung hin, um sich am Leben zu halten[12]w. um die Seele zurückkehren zu lassen. Siehe, Herr, und schau, wie verachtet ich bin!
12 Ist es {noch} nicht zu euch {gedrungen}[13]o. Nicht für euch!; d. h. so viel wie: Wenn ich nun von meinem Schmerz rede, dann soll er nicht auch euch treffen. – Andere üs. mit Textänderung: Wohlan! – Wieder andere streichen die ganze Wendung., alle, die ihr des Weges zieht? Schaut und seht, ob es einen Schmerz gibt wie meinen Schmerz, der mir angetan worden ist, mit dem {mich} der Herr betrübt hat am Tag seiner Zornglut!
13 Aus der Höhe sandte er Feuer in meine Gebeine und zertrat sie. Er spannte ein Netz für meine Füße, zwang mich zur Umkehr. Er machte mich einsam[1]o. verödet; o. menschenleer und allezeit krank[2]o. unrein. – Das Wort bezeichnet ursprünglich die Menstruation der Frau..
14 Schwer[3]so mit Targum; Mas. T. : Angebunden; die Bedeutung des Wortes ist aber unsicher ist das Joch meiner Verbrechen, durch seine Hand zusammengeflochten. Sie kamen auf meinen Hals; {das} brach mir die Kraft[4]w. {das} brachte meine Kraft zum Stürzen. Der Herr lieferte mich solchen in die Hände, denen ich nicht standhalten kann.
15 Alle meine Starken verwarf der Herr in meiner Mitte; er rief gegen mich ein Treffen[5]o. eine Festversammlung aus, um meine jungen Männer[6]Das Wort meint speziell Männer im wehrfähigen Alter. zu zerschmettern; der Herr hat der Jungfrau, der Tochter Juda, die Kelter getreten[7]d. h. der Herr richtete ein Blutbad an.
16 Darüber muss ich weinen, mein Auge, mein Auge zerfließt von Wasser[8]w. geht in Wasser nieder. Denn ein Tröster[9]o. einer, der {mir} Mut zuspricht, der meine Seele erquicken könnte[10]w. zurückkehren lassen könnte, ist fern von mir. Meine Söhne sind vereinsamt, denn der Feind hat die Oberhand.
17 Zion breitet ihre Hände aus, {doch} da ist niemand, der sie tröstet[11]o. ihr Mut zuspricht. Der Herr entbot gegen Jakob seine Nachbarn als seine Feinde. Jerusalem wurde unter ihnen zum Abscheu[12]o. zur Befleckung.
18 Gerecht ist er, der Herr, ich aber bin gegen seinen Befehl widerspenstig gewesen. Hört doch, alle ihr Völker, und seht meinen Schmerz! Meine Jungfrauen und meine jungen Männer sind in die Gefangenschaft gezogen.
19 Ich rief nach denen, die mich geliebt hatten[13]o. nach meinen Liebhabern, sie aber betrogen mich. Meine Priester und meine Ältesten kamen in der Stadt um, als sie für sich Nahrung suchten, um sich am Leben zu halten[14]w. dass sie ihre Seele zurückbrächten.
20 Sieh, Herr, wie mir angst ist! Mein Inneres glüht[15]w. Meine Eingeweide glühen, mein Herz dreht sich mir im Leibe um, weil ich so sehr widerspenstig gewesen bin. Draußen hat mich das Schwert der Kinder beraubt {und} drinnen der Tod[16]so mit der syr. Üs. ; Mas. T. : {ist es} wie der Tod.
21 Man hört[17]Die syr. Üs. liest eine Bitte: Höre, wie ich seufze, {doch} habe ich keinen Tröster[18]o. einen, der mir Mut zuspräche. Alle meine Feinde haben mein Unglück gehört, haben sich gefreut, dass du es getan hast. Führst du[19]syr. Üs. : Führe du den Tag herbei, den du verkündigt hast, dann ergeht es ihnen wie mir.
22 All ihre Bosheit komme vor dich! Handle an ihnen, wie du an mir gehandelt hast wegen all meiner Verbrechen! Denn zahlreich sind meine Seufzer, und mein Herz ist krank.
Elberfelder Bibel 2006, © 2006 SCM R.Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH, Holzgerlingen