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Gute Nachricht Bibel
Gott hat wie ein Feind gehandelt
1 Ach, der Zorn des Herrn liegt auf der Zionsstadt wie eine schwere, dunkle Wolke. Jerusalem, die Zierde Israels, hat er vom Himmel auf die Erde gestürzt. An seinem Gerichtstag nahm er keine Rücksicht darauf, dass Zion der Fußschemel seines Thrones war.
2 Die Dörfer und Felder Israels hat er schonungslos vernichtet. Alle befestigten Städte in Juda hat er zornig niedergerissen. Dem Königreich und seinen Fürsten hat er ein schändliches Ende bereitet.
3 In seinem Zorn hat er alles zerschlagen, wodurch Israel stark und mächtig war. Im Augenblick, als die Feinde kamen, zog er die schützende Hand von uns zurück. Er setzte Israel in Flammen wie ein Feuer, das nach allen Seiten frisst.
4 Wie ein Feind hielt er den Bogen gespannt, seine rechte Hand bereit zum Schuss; so tötete er unsere blühende Jugend, die ganze Freude unserer Augen. Er goss seinen Zorn wie einen Feuerstrom über das Heiligtum der Zionsgemeinde.
5 Der Herr hat uns behandelt wie ein Feind, er hat Israel ganz vernichtet; die schönen Paläste hat er zerstört, die starken Burgen in Trümmer gelegt. Nur noch seufzen und stöhnen kann das Volk von Juda.
6 Er zertrat sein eigenes Land, den blühenden Garten, seine Stadt, in der er wohnen wollte, die Stätte, an der wir zu ihm kamen; sein Volk ließ er Festtag und Sabbat vergessen. In seinem schrecklichen, glühenden Zorn verstieß er den König und die Priester.
7 Von seinem Altar wollte er nichts wissen, sein Heiligtum sah er mit Abscheu. Die Mauern und Türme der Zionsstadt übergab er in die Gewalt der Feinde. In seinem Tempel jubelten die Fremden, so wie wir es früher taten bei unseren Festen.
8 Es war die erklärte Absicht des Herrn, die Mauern Jerusalems niederzureißen. Er wollte sie bis auf den Grund zertrümmern und hörte nicht auf, bis alles zerstört war. Wall und Mauer lässt er trauern, denn beide sind zu Schutt geworden.
9 Die Tore sind in die Erde versunken, ihre festen Riegel schlug er in Stücke. König und Fürsten sind in der Fremde, von den Priestern kommt keine Weisung mehr; auch die Propheten haben nichts zu sagen, weil der Herr ihnen keine Botschaft mehr gibt.
10 Die erfahrenen Männer der Zionsstadt sitzen trauernd am Boden und schweigen; sie haben sich Erde auf den Kopf gestreut und den Sack um die Hüften gelegt. Die jungen Mädchen von Jerusalem lassen bekümmert die Köpfe hängen.
11 Von Tränen sind meine Augen ganz blind, es brennt und tobt in meinen Eingeweiden, Schmerz und Verzweiflung brechen aus mir heraus; denn ich sah, wie mein Volk zugrunde ging. Kinder und Säuglinge sah ich verschmachten, draußen auf den Straßen der Stadt.
12 Gequält von Hunger und Durst schrien sie laut nach ihren Müttern. Wie Verwundete brachen sie zusammen, draußen auf den Straßen der Stadt, und in den Armen ihrer Mütter taten sie den letzten Atemzug.
13 Jerusalem, du geliebte Stadt, ich weiß nicht, was ich dir sagen soll! Mit welchem Schicksal soll ich deins vergleichen, um dich zu trösten, du Jungfrau Zion! Dein Schaden ist unermesslich wie das Meer! Kann dich noch jemand heilen?
14 Was deine Propheten dir als Zukunft ankündigten, waren nur schöne, bunte Träume. Deine Schuld haben sie nicht aufgedeckt, sonst hätten sie noch alles zum Guten wenden können. Mit ihren leeren Prophetensprüchen haben sie dich betrogen und verführt.
15 Alle, die an dir vorüberkommen, klatschen schadenfroh in die Hände. Sie spotten und schütteln ihre Köpfe über die Trümmer Jerusalems: »Ist das die Stadt, die viel gerühmte, die Krone der Schönheit, die Freude der Welt?«
16 Deine Feinde überschütteten dich mit Hohn, weit rissen sie ihre Mäuler auf, sie zischten und zeigten dir drohend die Zähne. »Die haben wir erledigt!«, sagten sie. »Endlich ist der Tag gekommen, auf den wir so lange gewartet haben!«
17 Der Herr hat seine Pläne ausgeführt, er hat seine Drohungen wahr gemacht. Seit Langem hatte er es angekündigt, nun hat er dich schonungslos zertrümmert. Er ließ die Macht der Feinde triumphieren, sie durften sich über dein Unglück freuen.
18 Jerusalem, lass deine Mauern schreien, sie sollen zum Herrn um Erbarmen rufen! Lass deine Tränen fließen wie Bäche, unaufhörlich, bei Tag und bei Nacht! Gönne dir keine Ruhepause, lass deine Augen nicht trocken werden!
19 Steh immer wieder auf in der Nacht und bring deine Klage vor den Herrn! Geh und suche seine Nähe, schütte dein ganzes Herz bei ihm aus! Streck ihm deine Hände entgegen; flehe ihn an für deine Kinder, die vor Hunger zusammenbrechen, draußen an allen Straßenecken!
20 »Sieh doch, Herr, schau her zu mir! Bedenke, wem du das alles antust! Sollten Mütter ihre Kinder essen, die Kleinen, die sie auf Händen trugen? Durfte man Priester und Propheten töten, sogar in deinem Heiligtum?
21 Hingestreckt in den Staub der Gassen liegen Kinder und alte Leute; meine Mädchen und jungen Männer sind dem Schwert zum Opfer gefallen. Am Tag, an dem dein Zorn mich traf, hast du sie mitleidslos hingeschlachtet.
22 Alle Schrecken, die mich überfielen, riefst du wie zu einem Fest zusammen. An jenem Tag, Herr, als dein Zorn losbrach, blieb niemand verschont, ist keiner entkommen. Die Kinder, die ich aufzog und umsorgte – der Feind hat sie alle ausgelöscht. «
Gute Nachricht Bibel, durchgesehene Neuausgabe, © 2018 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart