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Jerusalem – eine treulose Frau (vgl. Kap 23,1-49)
1 Und des Herrn Wort geschah zu mir:
2 Du Menschenkind, tu kund der Stadt Jerusalem ihre Gräuel
3 und sprich: So spricht Gott der Herr zu Jerusalem: Nach Herkunft und Geburt bist du aus dem Lande der Kanaaniter, dein Vater war ein Amoriter, deine Mutter eine Hetiterin.
4 Bei deiner Geburt war es so: Als du geboren wurdest, hat man deine Nabelschnur nicht abgeschnitten; auch hat man dich nicht mit Wasser gebadet, damit du sauber würdest, dich nicht mit Salz abgerieben und nicht in Windeln gewickelt.
5 Denn niemand sah mitleidig auf dich und erbarmte sich, dass er etwas von all dem an dir getan hätte, sondern du wurdest aufs Feld geworfen. So verachtet war dein Leben, als du geboren wurdest.
6 Ich aber ging an dir vorüber und sah dich in deinem Blut strampeln und sprach zu dir, als du so in deinem Blut dalagst: Du sollst leben! Ja, zu dir sprach ich, als du so in deinem Blut dalagst: Du sollst leben
7 und heranwachsen; wie ein Gewächs auf dem Felde machte ich dich. Und du wuchsest heran und wurdest groß und sehr schön. Deine Brüste wuchsen und du bekamst lange Haare; aber du warst noch nackt und bloß.
8 Und ich ging an dir vorüber und sah dich an, und siehe, es war die Zeit, um dich zu werben. Da breitete ich meinen Mantel über dich und bedeckte deine Blöße. Und ich schwor dir’s und schloss mit dir einen Bund, spricht Gott der Herr, und du wurdest mein.
9 Und ich badete dich mit Wasser und wusch dich rein von deinem Blut und salbte dich mit Öl
10 und kleidete dich mit bunten Kleidern und zog dir Schuhe von feinem Leder an. Ich gab dir einen Kopfbund aus kostbarem Leinen und hüllte dich in Seide.
11 Ich schmückte dich mit Kleinoden und legte Spangen an deine Arme und eine Kette um deinen Hals
12 und gab dir einen Ring an deine Nase und Ohrringe an deine Ohren und eine schöne Krone auf dein Haupt.
13 So warst du geschmückt mit Gold und Silber und gekleidet mit kostbarem Leinen, Seide und bunten Kleidern. Du aßest feinstes Mehl, Honig und Öl und wurdest überaus schön und kamst zu königlichen Ehren.
14 Und dein Ruhm erscholl unter den Völkern deiner Schönheit wegen, die vollkommen war durch den Schmuck, den ich dir angelegt hatte, spricht Gott der Herr.
15 Aber du verließest dich auf deine Schönheit. Und weil du so gerühmt wurdest, triebst du Hurerei und botest dich jedem an, der vorüberging, und warst ihm zu Willen.
16 Du nahmst von deinen Kleidern und machtest dir bunte Opferhöhen und triebst auf ihnen deine Hurerei, wie es nie geschehen ist noch geschehen wird.
17 Du nahmst auch dein schönes Geschmeide, das ich dir von meinem Gold und Silber gegeben hatte, und machtest dir Bilder von Männern daraus und triebst deine Hurerei mit ihnen.
18 Und du nahmst deine bunten Kleider und bedecktest sie damit, und mein Öl und Räucherwerk legtest du ihnen vor.
19 Meine Speise, die ich dir zu essen gab, feinstes Mehl, Öl und Honig, legtest du ihnen vor zum lieblichen Geruch. Ja, es kam dahin, spricht Gott der Herr,
20 dass du deine Söhne und Töchter nahmst, die du mir geboren hattest, und opfertest sie ihnen zum Fraß. War es denn noch nicht genug mit deiner Hurerei,
21 dass du meine Kinder schlachtetest und ließest sie für die Götzen verbrennen?
22 Und bei all deinen Gräueln und deiner Hurerei hast du nie gedacht an die Zeit deiner Jugend, wie du bloß und nackt warst und strampelnd in deinem Blute lagst.
23 Und nach all diesen deinen Übeltaten – o weh, weh dir!, spricht Gott der Herr –
24 bautest du dir einen Hurenaltar und machtest dir ein Lager darauf an allen Plätzen.
25 An jeder Straßenecke bautest du dein Hurenlager und machtest deine Schönheit zum Abscheu. Du spreiztest deine Beine für alle, die vorübergingen, und triebst viel Hurerei.
26 Zuerst triebst du Hurerei mit den Ägyptern, deinen Nachbarn voller Geilheit, und triebst viel Hurerei, um mich zu reizen.
27 Ich aber streckte meine Hand aus gegen dich und minderte deinen Anteil und gab dich preis der Willkür derer, die dich hassen, der Töchter der Philister, die sich schämten über dein schamloses Treiben.
28 Danach triebst du Hurerei mit den Assyrern, weil du nicht satt geworden warst; du triebst mit ihnen Hurerei und wurdest auch hier nicht satt.
29 Da triebst du noch mehr Hurerei mit Chaldäa, dem Land der Händler; doch auch da wurdest du nicht satt.
30 Wie fieberte doch dein Herz, spricht Gott der Herr, dass du alle diese Werke einer großen Erzhure tatest:
31 dass du deinen Hurenaltar bautest an allen Straßenecken und dir ein Hurenlager machtest auf allen Plätzen! Dazu warst du nicht wie sonst eine Hure; denn du hast ja Geld dafür verschmäht. –
32 Diese Ehebrecherin! Fremde nimmt sie statt ihres Mannes!
33 Allen andern Huren gibt man Geld; du aber gibst allen deinen Liebhabern noch Geld dazu und kaufst sie, damit sie von überall her zu dir kommen und mit dir Hurerei treiben.
34 So ist es bei dir mit deiner Hurerei umgekehrt wie bei andern Frauen, weil man dir nicht nachläuft und dir nicht Geld gibt, sondern du noch Geld dazugibst; bei dir ist es also umgekehrt.
35 Darum, du Hure, höre des Herrn Wort!
36 So spricht Gott der Herr: Weil du bei deiner Hurerei deine Scham entblößtest und deine Blöße vor deinen Liebhabern aufdecktest und wegen all deiner gräulichen Götzen und wegen des Blutes deiner Kinder, die du ihnen geopfert hast:
37 Darum, siehe, ich will sammeln alle deine Liebhaber, denen du gefallen hast, alle, die du geliebt, samt allen, die du verschmäht hast, und will sie gegen dich versammeln von überall her und will ihnen deine Blöße aufdecken, dass sie deine ganze Blöße sehen sollen.
38 Und ich will dich richten, wie man Ehebrecherinnen und Mörderinnen richtet; ich lasse Grimm und Eifer über dich kommen.
39 Und ich will dich in ihre Hände geben, dass sie deinen Hurenaltar abbrechen und dein Lager einreißen und dir deine Kleider ausziehen und dein schönes Geschmeide dir nehmen und dich nackt und bloß liegen lassen.
40 Und sie sollen eine Versammlung gegen dich einberufen und dich steinigen und mit ihren Schwertern zerhauen
41 und deine Häuser mit Feuer verbrennen und an dir das Gericht vollstrecken vor den Augen vieler Frauen. So will ich deiner Hurerei ein Ende machen und auch Geld sollst du nicht mehr dafür geben.
42 Dann kommt mein Grimm gegen dich zum Ziel, und mein Eifer lässt von dir ab, sodass ich Ruhe habe und nicht mehr zürnen muss.
43 Weil du nicht gedacht hast an die Zeit deiner Jugend, sondern mich mit all dem zum Zorn gereizt hast, darum will ich auch all dein Tun auf deinen Kopf kommen lassen, spricht Gott der Herr. Hast du nicht Unzucht getrieben zu all deinen Gräueltaten hinzu?
44 Siehe, wer gern in Sprichwörtern redet, wird von dir dies Sprichwort sagen: »Wie die Mutter, so die Tochter. «
45 Du bist die Tochter deiner Mutter, die ihren Mann und ihre Kinder von sich stieß, und bist die Schwester deiner Schwestern, die ihre Männer und Kinder von sich stießen. Eure Mutter war eine Hetiterin und euer Vater ein Amoriter.
46 Deine große Schwester ist Samaria mit ihren Töchtern, die dir zur Linken wohnt, und deine kleine Schwester ist Sodom mit ihren Töchtern, die zu deiner Rechten wohnt.
47 Es war dir nicht genug, in ihren Wegen zu gehen und nach ihren Gräueln zu tun; du hast es noch ärger getrieben als sie in all deinem Tun.
48 So wahr ich lebe, spricht Gott der Herr: Sodom, deine Schwester, samt ihren Töchtern hat’s nicht so getrieben wie du und deine Töchter.
49 Siehe, das war die Schuld deiner Schwester Sodom: Stolz und alles in Fülle und sorglose Ruhe hatte sie mit ihren Töchtern; aber dem Armen und Elenden halfen sie nicht,
50 sondern waren hoffärtig und taten Gräuel vor mir. Darum habe ich sie auch hinweggetan, wie du gesehen hast.
51 So hat auch Samaria nicht die Hälfte deiner Sünden getan, sondern du hast so viel mehr Gräuel getan als deine Schwestern, dass sie gerecht dastehen gegenüber all den Gräueln, die du getan hast.
52 So trag du nun auch deine Schande, weil du an die Stelle deiner Schwestern getreten bist durch deine Sünden, mit denen du größere Gräuel getan hast als sie; sie stehen gerechter da als du. So schäme du dich nun auch und trag deine Schande, während deine Schwestern gerecht dastehen.
53 Ich will aber ihr Geschick wenden, nämlich das Geschick Sodoms und ihrer Töchter und das Geschick Samarias und ihrer Töchter und auch dein Geschick in ihrer Mitte,
54 dass du deine Schande tragen musst und dich über all das schämst, was du getan hast, ihnen zum Trost.
55 Und deine Schwestern, Sodom und ihre Töchter, sollen wieder werden, wie sie zuvor gewesen sind, und Samaria und ihre Töchter sollen wieder werden, wie sie zuvor gewesen sind; und auch du und deine Töchter sollen wieder werden, wie ihr zuvor gewesen seid.
56 Und hast du nicht über deine Schwester Sodom gelästert zur Zeit deines Hochmuts,
57 als deine Blöße noch nicht aufgedeckt war, wie zur Zeit, als dich die Töchter Edoms und die Töchter der Philister überall schmähten und dich ringsumher verachteten?
58 Deine Schandtat und deine Gräuel – die musst du tragen, spricht der Herr.
59 Denn so spricht Gott der Herr: Ich will dir tun, wie du getan hast, als du den Eid verachtet und den Bund gebrochen hast.
60 Ich will aber gedenken an meinen Bund, den ich mit dir geschlossen habe zur Zeit deiner Jugend, und will mit dir einen ewigen Bund aufrichten.
61 Dann wirst du an deine Wege denken und dich schämen, wenn ich deine großen und kleinen Schwestern nehmen und sie dir zu Töchtern geben werde, aber nicht um deines Bundes willen.
62 Und ich will meinen Bund mit dir aufrichten, sodass du erfahren sollst, dass ich der Herr bin,
63 damit du daran denkst und dich schämst und vor Schande deinen Mund nicht mehr aufzutun wagst, wenn ich dir alles vergeben werde, was du getan hast, spricht Gott der Herr.
Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart