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Lutherbibel
Gebet des Volks in tiefster Erniedrigung
1 Gedenke, Herr, wie es uns geht; schau und sieh an unsre Schmach!
2 Unser Erbe ist den Fremden zuteilgeworden und unsre Häuser den Ausländern.
3 Wir sind Waisen und haben keinen Vater; unsre Mütter sind wie Witwen.
4 Unser Wasser müssen wir um Geld trinken; unser eigenes Holz müssen wir bezahlen.
5 Die Verfolger sitzen uns im Nacken, und wenn wir auch müde sind, lässt man uns doch keine Ruhe.
6 Wir mussten Ägypten und Assur die Hand hinhalten, um uns an Brot zu sättigen.
7 Unsre Väter haben gesündigt und leben nicht mehr, wir aber müssen ihre Schuld tragen.
8 Knechte herrschen über uns und niemand ist da, der uns von ihrer Hand errettet.
9 Wir müssen unser Brot unter Gefahr für unser Leben holen, bedroht von dem Schwert in der Wüste.
10 Unsre Haut ist verbrannt wie in einem Ofen von dem schrecklichen Hunger.
11 Sie haben die Frauen in Zion geschändet und die Jungfrauen in den Städten Judas.
12 Fürsten wurden von ihnen gehenkt, und die Alten hat man nicht geehrt.
13 Jünglinge mussten Mühlsteine tragen und Knaben beim Holztragen straucheln.
14 Es sitzen die Ältesten nicht mehr im Tor und die Jünglinge nicht mehr beim Saitenspiel.
15 Unsres Herzens Freude hat ein Ende, unser Reigen ist in Wehklagen verkehrt.
16 Die Krone ist von unserm Haupt gefallen. O weh, dass wir so gesündigt haben!
17 Darum ist auch unser Herz krank, und unsre Augen sind trübe geworden
18 um des Berges Zion willen, weil er so wüst liegt, dass die Füchse darüber laufen.
19 Aber du, Herr, der du ewiglich bleibst und dein Thron von Geschlecht zu Geschlecht,
20 warum willst du uns so ganz vergessen und uns lebenslang so ganz verlassen?
21 Bringe uns, Herr, zu dir zurück, dass wir wieder heimkommen; erneure unsre Tage wie vor alters!
22 Auch wenn du uns ganz verworfen hast und über uns so sehr erzürnt warst.
Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart